Kleine Radiogeschichte

Nachdem Heinrich Hertz 1886 die Möglichkeit der drahtlosen Nachrichtenübertragung über elektromagnetische Wellen in einem Versuch nachgewiesen hatte, bemühten sich zahlreiche Radiopioniere (Marconi, Braun, Slaby, Meissner ...) um praktische Umsetzung und kommerzielle Verwertung. Es wurden Schiffsfunkgeräte und auch riesige Landstationen entwickelt. Mit der Erfindung der Verstärkerröhre (Lieben, Fleming, de Forest, Langmuir, Schottky) und erster Großserienfertigung im ersten Weltkrieg eröffnete sich nun die Möglichkeit, verhältnismäßig kompakte, Sender und Empfänger zu bauen. Bereits im 1. Weltkrieg war der Einsatz von Telefonverstärkern, Flugzeug-Sendeempfängern und anderen elektronischen Kommunikationsgeräten manchmal schlachtentscheidend.
Die Empfindlichkeit und Trennschärfe der Empfänger konnte durch die Weiterentwicklung der Gleichrichter (Ersatz der Kohärer und Kristallgleichrichter durch Röhrengleichrichter) sowie verbesserte Schaltungstechnik (Audion, Superhet, Rückkopplung) schnell erheblich gesteigert werden. Telegraphie wurde zunehmend durch Sprachübertragung ersetzt.
Weltweit entstand nun der Wunsch nach allgemeinem Rundfunkempfang. Während dies z.B. in den USA rasend schnell umgesetzt wurde - 1921 soll es dort bereits 30 Rundfunkstationen und 400000 Empfangsapparate gegeben haben - gelang es der deutschen Bürokratie, diese Entwicklung mehrere Jahre hinauszuzögern. Freier Rundfunkempfang für Alle wurde von den Politikern der schwachen Weimarer Republik zunächst als staatsgefährdend angesehen. So gab es Ende 1923 in Deutschland erst einen Rundfunksender und rund 1000 offiziell registrierte Hörer.
Nach und nach mußte die deutsche Regierung jedoch die meisten Verbote und Schikanen zurücknehmen, so daß auch in Deutschland der Rundfunk ein Massenmedium wurde. Anfang 1926 gab es bereits eine Million angemeldete Hörer. Die Nazis förderten und nutzten das Medium für ihre Zwecke und im 2. Weltkrieg gab es in fast jedem Haushalt ein oder mehrere Radios. Während des Krieges wurde der Empfang von Feindsendern schwer bestraft.

Zurück zur Technik: die ersten Rundfunkhörer waren meist Schwarzhörer, die sich ihre Detektorempfänger oder einfache Röhrenradios (anfangs verbotenerweise) selbst bauten. Die Industrie brachte in Deutschland bis 1945 ca. 5000 Gerätetypen auf dem Markt: teils in Kleinststückzahlen, teils in Millionenserien.
Die Firma Telefunken (ein AEG/Siemens-Zusammenschluß) besaß übrigens für Deutschland alle grundlegenden Patente für die Radio- und Röhrenfertigung, was infolge dieser Monopolsituation u.a. zu einer spürbaren Verteuerung der Geräte führte.
Anfangs musste die Heizleistung der Röhren in den Radios manuell eingestellt werden. Die Röhren steckten deshalb auf dem Radiogehäuse (einem schlichten Holz- oder Blechkästchen), oder es war im Gerät ein Guckloch vorhanden, um den Heizstrom der Röhren durch Beobachtung der Helligkeit einstellen zu können.
Etwa ab 1928 wurden die Röhren in das Gerät eingebaut, blieben aber meist über einen Klappdeckel leicht zugänglich, da ihre Lebensdauer noch arg beschränkt war. Die Gehäuse wurden formschöner und dem Publikumsgeschmack angepasst und damit „wohnzimmertauglich“. Auch die Bedienung konnte innerhalb weniger Jahre stark vereinfacht werden. Auch die Skalen zum Einstellen der Sender wurden immer genauer.
Mitte der dreißiger Jahre war die Empfänger-Entwicklung für die AM-Bereiche praktisch abgeschlossen, die AM-Empfangsqualität der Spitzengeräte hatte einen Höchststand erreicht. Anfang der fünfziger Jahre ermöglichte die Einführung des UKW-Bereiches die Zahl der Rundfunksender und die Modulationsbandbreite wesentlich zu steigern. Die Umstellung auf Halbleiter und die dadurch mögliche Kostenreduktion und Miniaturisierung, Stereophonie, Verkehrsfunk, RDS (Radiodatensystem) waren die weiteren Schritte.
Ob sich digitaler Rundfunk (DAB) trotz völliger Inkompatibilität bei vergleichsweise kleinen Vorteilen durchsetzen kann, bleibt offen.
alte_radios005001.jpg